Die Tabor-Gemeinde

Die Gemeindearbeit orientiert sich seit Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhundertes an folgenden Leitlinien:

- Vielfalt und Offenheit, Raum zum Ausprobieren, freiwillige verantwortliche Mitarbeit, Weg von einem fremdbestimmten Glauben
- Schöpfungsfreundlicher Umgang mit den Ressourcen, also z. B. mit den eigenen Gebäuden wie die Kita und die unter Denkmalschutz stehenden Kirche
- weg von der ausschließlichen Abhängigkeit von der Kirchensteuer
- Kritische Begleitung von Entwicklungen und Veränderungen im Stadtteil und der Gesellschaft

Das alles ist nur möglich aufgrund partnerschaftlichen Miteinanders von Haupt- und Ehrenamtlichen.

Der Kiez im Wandel der Zeiten

Die 1905 gegründete Taborgemeinde liegt in einem Altbauquartier in Berlin - Kreuzberg, das in den letzten 20-30 Jahren ständig starken Veränderungen unterworfen war.
Die Einwohnerzahl liegt heute bei 153.135 (Stand 12/2020), evangelische Christen machen nur noch etwa 12% der Einwohnerschaft aus, 34,9 % sind ausländischer Herkunft.

Aus dem typischen Arbeiterbezirk der 60er/70er Jahre mit hoher Arbeitslosigkeit und heruntergekommenen Altbauquartieren mit billigen Mieten, in denen hauptsächlich Geringverdiener, Sozialhilfeempfänger, Künstler, Studenten und türkische Gastarbeiter wohnten, wurde in den 80er/90er Jahren die berühmte Kreuzberger Mischung, ein Multikulti-Mix aus alternativer Szene, orientalischer Lebensart, Hausbesetzerszene, Handwerkern und Gewerbebetrieben.

Die Gentrifiziereung verändert den Kiez
Aber diese ganz typische Kreuzberg-Mixtur aus Glanz der Großstadt und authentischer Szene, die den Kiez geformt und geprägt hat, ist im Schwinden. Der Mauerfall weckte endgültig die Begehrlichkeiten der Immobilienhaie, der Senat betrieb den Ausverkauf der Stadt, und viele soziale Projekte wurden von der Stadt nicht mehr gefördert. Nun ist die Verdrängung in vollem Gange. Künstler, Gewerbebetriebe, Szenekneipen, Kiezbäckereien, alt eingesessene Läden geben auf, weil die Mieten explodieren. Kreuzberg ist heute der zweitteuerste Bezirk in Berlin. Damit geht dem Kiez Stück für Stück seine Authentizität verloren. Die Anwohner*innen setzten sich zwar immer wieder gegen die Veränderung ihres Kiezes zur Wehr können aber oft trotzdem nichts ausrichten. Die Cuvry-Brache ist ein typisches Beispiel. Sie galt jahrelang als Symbol gegen den Kapitalismus. Verschiedene Investorendeals sind immer wieder geplatzt, eine Zeit lang schlugen dort Ausgestoßene und Wohnungslose ihre Zelte auf. Das Gelände wurde stadtbekannt, galt als Berlins einzige Favela. Jetzt steht dort ein Büro- und Gewerbekomplex: Symbol für das verkaufte Berlin.

Heute begegnen einem immer mehr gutverdienende Globetrotter, Cafés wie sie auch in London, New York, Tokyo existieren, eröffnen neu, man spricht Englisch und ist unter sich. Trotz des hippen polyglotten Lebensstils wachsen die Probleme im Kiez. Auch viele obdachlose und gestrandete Menschen ziehen in den Kiez und schlagen ihre Zelte auf. Immer mehr 24-Stunden-Spätis und Imbissläden prägen das Straßenbild und das Partyvolk verlagert seine nächtlichen Feiern auf die Bürgersteige und verursacht einen Großteil des wachsenden Müllproblems.

Kiez und Drogen
Der Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg ist zu einem der größten Drogenumschlagsplätze der Stadt avanciert. Vor allem bei jungen Touristen aus aller Welt ist der Park bekannt, denn dort kann man schnell und unkompliziert Gras und andere Drogen kaufen. Der illegale Drogenhandel hat so stark zugenommen, dass sich hunderte von Drogenverkäufern im ganzen Kiez ausgebreitet haben und vor allem im Wrangelkiez eine unübersehbare Dominanz erreicht haben. Gleichzeitig vermischen sich Drogen und Armut ungünstig miteinander, multitoxisch abhängige Menschen sind leider keine Seltenheit.

Und dennoch versuchen viele Akteure und Initiativen unermüdlich ihren Kiez zu gestalten, zu helfen und zu sorgen, um die Situation für alle zu verbessern. Dort ist der alte Geist vom unangepassten, freigeistigen Kreuzberg immer noch ein wenig zu spüren.

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